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Donnerstag, 22. April 2010
basta! 3. offene Versammlung - Freitag, 23.04.2010
Vor knapp zwei Monaten fand im Wuppertaler Rathaus eine offene Protestversammlung gegen das Totsparen statt. Dabei sollten verschiedenste Initiativen, Gruppen und auch Einzelpersonen die Gelegenheit erhalten, sich miteinander zu verständigen und im weiteren Verlauf gemeinsame Strategien gegen die Demontage der kulturellen und sozialen urbanen Strukturen in Wuppertal zu entwickeln, die die beabsichtigte Umsetzung des inzwischen zu zweifelhafter bundesweiter Berühmtheit gelangten “Sparen um zu gestalten-Haushaltskonzeptes” der Stadtspitze für die Stadt bedeuten würde.
Das Treffen, an dem mehrere Dutzend Leute teilnahmen, geriet in seinem Verlauf zu einer Art Gründungsversammlung. Als die Anwesenden das Rathaus verliessen, hatte sich ein "offenes Aktionsbündnis basta!" gefunden, das erstmals als Adressaten der Proteste gegen das Totsparen das Wuppertaler Rathaus und Oberbürgermeister Peter Jung ausmachte. Hiermit grenzte sich basta! von den "Wuppertal wehrt sich"-Aktivitäten ab, die die Verantwortlichkeit für die Lage der Stadt bis dahin ausschliesslich auf entferntere Politikebenen verlagern wollten, und die teilweise sogar Seite an Seite mit den Urhebern und Exekutoren des Spardiktats stattgefunden hatten. Zum ersten Mal wurde nach den wirklichen Ursachen der kommunalen Finanzkrise gefragt und der politische Wille hinter der Zerschlagung der urbanen demokratischen Strukturen kenntlich gemacht.
In den acht Wochen seither ist viel passiert. Der erste Teil des “Totsparpakets” wurde am 15.03.2010 im Stadtrat beschlossen, während draussen mehrere hundert Menschen vor dem Rathaus dagegen demonstrierten, ein “Welt-Theatertag” hat mit fast 3.000 Teilnehmern bei Kundgebung und Menschenkette klar gegen die Pläne zur Schliessung des Wuppertaler Schauspielhauses Stellung bezogen, und die örtliche SPD ist sich - nur wenige Wochen vor der NRW-Wahl – plötzlich nicht mehr ganz klar darüber, was sie eigentlich will...
Das alles zeigt auf, dass es nicht aussichtslos ist, sich gegen den Anschlag auf unsere urbanen Strukturen zu wehren und für das Recht auf eine lebenswerte und selbstbestimmte Stadt für alle einzutreten. Dabei hat das offene Aktionsbündnis basta! noch gar nicht richtig mit seinem Kampf um Wuppertal begonnen.
basta! hat die Zeit seit dem 26.02. dazu genutzt, sich zu finden und öffentlich wahrnehmbare Aktionen vorzubereiten. Jetzt ist es Zeit, dass sich basta! in die öffentliche Auseinandersetzung mit eigenen Positionen und kreativen Aktionen einbringt. Eine basta!-Gründungserklärung befindet sich unmittelbar vor ihrer Veröffentlichung; erste Aktionen sind zum Wahlkampf der für die Krise der Stadt verantwortlichen Parteien und im Rahmen des dritten Ölbergfestes an diesem Wochenende geplant; mit der Mobilisierung zu den beiden Wuppertaler Mai-Demonstrationen wurde ein erster zentraler Aktionsschwerpunkt eine Woche vor der NRW-Wahl festgelegt.
In der nächsten Zeit werden sich die Diskussionen und Konflikte in Wuppertal nochmals zuspitzen. Die bevorstehende NRW-Wahl und der näherrückende Termin der Verabschiedung des zweiten Teils des Spardiktats, (am 17. Mai), bei dem es um die, auch bundesweit vieldiskutierten, Kernpunkte der Sparliste von Kämmerer Johannes Slawig geht, werden noch für etliche Kapriolen in der Stadtverwaltung und in der Politk sorgen. Der Druck auf die Politiker und die Proteste der Bevölkerung dürfen jetzt nicht nachlassen – sie müssen weiter zunehmen... Die Manschetten der Politiker vor der Landtagswahl am 09.Mai 2010 müssen ausgenutzt werden, um die absurden Diskussionen um die Zukunft der Stadt vom Kopf auf die Füsse zu stellen.
Das Aktionsbündnis basta! plant in den kommenden Wochen deshalb mehrere Aktionsschwerpunkte – so wird der diesjährige 1.Mai beipielsweise ganztägig unter das Motto “Die Stadt gehört uns!” gestellt. An diesem Tag wird es darauf ankommen, dieses Leitmotiv bei den verschiedenen Kundgebungen durchzusetzen.
Zur Vorbereitung dieser und weiterer Aktionen findet morgen, Freitag den 23.04.2010 die mittlerweile schon dritte “Offene Protestversammlung gegen das Totsparen” in der Börse an der Wolkenburg statt (17°° Uhr, Saal 1). Sie soll allen, die sich den Sparplänen der regierenden Politiker und der Stadtverwaltung widersetzen wollen, und die Jugendarbeit, Stadtteilinitiativen, Schwimmbäder, Spielplätze, Bilbliotheken, eine freie Kulturszene und ein Theater mit eigenem Schauspielhaus, aber auch eine funktionierende und menschenfreundliche Stadtverwaltung für unverzichtbar halten, die Gelegenheit bieten, sich in das offene Aktionsbündnis basta! einzubringen und sich untereinander zu vernetzen.
Kommt deshalb möglichst zahlreich zur Versammlung am Freitag, 23.04.2010 in der “Börse” an der Wolkenburg (Beginn: 17°° Uhr, Ort: Saal 1)
Sonntag, 11. April 2010
Fotos von Andrea Kueppers im ADA - 18.04.2010, 17 Uhr
Bevor Andrea Kueppers vor Jahren als Fotografin nach Hamburg ging, hatte sie einige Jahre in Wuppertal gelebt und
gearbeitet. Als sie nach ihrer Ausbildung zur Fotografin, (u.A. bei Horst Wackerbarth und Ross Feltus), das Tal
verliess – zu einer Zeit, in der das noch nicht ganz so trendy war wie heute - liess sie in ihrer Wahlheimat viele
gute Freunde und Weggefährten zurück. Die, die bis heute noch hier ausharren, dürfen sich nun auf ein Wiedersehen
mit der erfolgreich im Norden arbeitenden Portrait-und Reportagefotografin freuen, wenn sie am nächsten Sonntag, zur
Eröffnung ihrer Ausstellung “Twice” ins Café ADA kommt.
Andrea Kueppers’ Arbeiten, für die sie inzwischen die halbe Welt bereist hat, stellen Einblicke in andere Welten und andere Leben dar. Egal, ob sie auf eigene Faust im argentinischen Nirgendwo die letzten Gauchos findet, oder ob sie – allen gut gemeinten Warnungen zum Trotz – durchs nächtliche Kingston streift, um dort selber zu sehen, was ein Dasein jenseits der für Touristen “freigegebenen” Viertel ausmacht, immer geht es ihr darum, zu zeigen, wie sich Leben anfühlt.
Ihre ab Sonntag, den 18.04.2010 im Erdgeschoss des Café ADA gezeigte Portraitserie “Twice” entstand bei diesen vielen Reisen. Wo immer Andrea Kueppers ihre Suche nach dem richtigen Moment auch hinführt, geht sie ihrer fotografischen Obsession nach, für die sie jeweils zwei identisch gekleidete Menschen vor neutralem Hintergrund mit ihrem Fotoapparat konfrontiert. So entstehen Doppelportraits, die den individuellen Charakter der Abgebildeten gerade durch die Uniformierung ihrer Kleidung besonders hervorheben. Dabei schreckt Andrea Kueppers nicht davor zurück, ihren Portraitwunsch auch an solche Uniformträger heranzutragen, denen normale Reisende vielleicht doch lieber aus dem Weg gehen. So finden sich in der Portraitserie auch Offiziere der Armee Sri Lankas, Matrosen der türkischen Kriegsmarine und natürlich auch Polizisten aus Hamburg wieder – kommentarlos neben Baseballspielern, Verkäuferinnen und Müllmännern. Derart egalisiert und auf ihre persönliche Mimik reduziert, offenbaren sich auch die martialisch Uniformierten als das, was sie unter ihren Militär- oder Polizeiuniformen sind: Individuen, denen die Spuren ihres Lebens ins Gesicht geschrieben sind – und die ebensogut in den orangen Anzügen der neben ihnen hängenden Männer der Hamburger Stadtreinigung stecken könnten.
Die Portraitserie “Twice” ist vom 18.04. bis zum 29.05.2010 im Erdgeschoss/ Restaurant des Café ADA in der Wiesenstrasse 6 (Wuppertal-Elberfeld) zu sehen. Zur Vernissage am Sonntag, den 18.04. um 17 Uhr gbt es einige einführende Worte des ebenfalls ehemaligen Wuppertalers Stefan Asmus, der heute in Köln lebt, und Dekan des Fachbereichs Design der FH Düsseldorf ist.
Die Ausstellungseröffnung, die keinen Eintritt kostet, wird mit einem eigens für den Anlass zusammengestellten DJ-Set von um3000 abgerundet.

Andrea Kueppers’ Arbeiten, für die sie inzwischen die halbe Welt bereist hat, stellen Einblicke in andere Welten und andere Leben dar. Egal, ob sie auf eigene Faust im argentinischen Nirgendwo die letzten Gauchos findet, oder ob sie – allen gut gemeinten Warnungen zum Trotz – durchs nächtliche Kingston streift, um dort selber zu sehen, was ein Dasein jenseits der für Touristen “freigegebenen” Viertel ausmacht, immer geht es ihr darum, zu zeigen, wie sich Leben anfühlt.
Ihre ab Sonntag, den 18.04.2010 im Erdgeschoss des Café ADA gezeigte Portraitserie “Twice” entstand bei diesen vielen Reisen. Wo immer Andrea Kueppers ihre Suche nach dem richtigen Moment auch hinführt, geht sie ihrer fotografischen Obsession nach, für die sie jeweils zwei identisch gekleidete Menschen vor neutralem Hintergrund mit ihrem Fotoapparat konfrontiert. So entstehen Doppelportraits, die den individuellen Charakter der Abgebildeten gerade durch die Uniformierung ihrer Kleidung besonders hervorheben. Dabei schreckt Andrea Kueppers nicht davor zurück, ihren Portraitwunsch auch an solche Uniformträger heranzutragen, denen normale Reisende vielleicht doch lieber aus dem Weg gehen. So finden sich in der Portraitserie auch Offiziere der Armee Sri Lankas, Matrosen der türkischen Kriegsmarine und natürlich auch Polizisten aus Hamburg wieder – kommentarlos neben Baseballspielern, Verkäuferinnen und Müllmännern. Derart egalisiert und auf ihre persönliche Mimik reduziert, offenbaren sich auch die martialisch Uniformierten als das, was sie unter ihren Militär- oder Polizeiuniformen sind: Individuen, denen die Spuren ihres Lebens ins Gesicht geschrieben sind – und die ebensogut in den orangen Anzügen der neben ihnen hängenden Männer der Hamburger Stadtreinigung stecken könnten.
Die Portraitserie “Twice” ist vom 18.04. bis zum 29.05.2010 im Erdgeschoss/ Restaurant des Café ADA in der Wiesenstrasse 6 (Wuppertal-Elberfeld) zu sehen. Zur Vernissage am Sonntag, den 18.04. um 17 Uhr gbt es einige einführende Worte des ebenfalls ehemaligen Wuppertalers Stefan Asmus, der heute in Köln lebt, und Dekan des Fachbereichs Design der FH Düsseldorf ist.
Die Ausstellungseröffnung, die keinen Eintritt kostet, wird mit einem eigens für den Anlass zusammengestellten DJ-Set von um3000 abgerundet.

Als inzwischen überzeugte Hamburgerin beschäftigt sich Andrea Kueppers selbstverständlich auch mit ihrem Wohnort,
der einer engagierten Fotografin viele Gelegenheiten bietet, Reportagen vor der eigenen Haustür zu finden. Die hier
abgebildeten Fotografien entstanden alle Anfang dieses Jahres im Gängeviertel der Stadt, in dem sich der Widerstand
gegen neoliberale Konzepte des Stadtumbaus besonders bemerkbar manifestiert hat. (Und dessen Umwandlung in Büro- und
Kommerzflächen für den Moment gestoppt scheint.)
www.andreakueppers.com
alle Fotos: © Andrea Kueppers
Freitag, 26. März 2010
¡El pueblo unido jamás será vencido!
Zur hier gestellten Frage, ob sich Wuppertal überhaupt gegen eine Demontage seiner sozialen und kulturellen Strukturen
wehrt, wie es das “Haushaltssicherungskonzept” des städtischen Kämmerers Johannes Slawig (CDU) vorsieht,
kann ein erstes Zwischenfazit gezogen werden. Nachdem am Montag, den 15. März Stadtratssitzung und Demonstration zum
ersten Teil des Spardiktats der Stadtverwaltung über die Bühne des Barmer Rathauses gingen, und am Tag darauf ein Gespräch zwischen
Oberbürgermeister Peter Jung und der “freien Kulturszene” der Stadt stattfand, ist dafür ein guter
Zeitpunkt.
Wenn eine Antwort dazu eher kurz ausfallen müsste, könnte sie lauten "Ja, schon, aber es traut sich nicht richtig“, oder auch ”Es versucht’s, hat aber verlernt, wie man das richtig macht."
Der Montag war eine gute Chance, die Alibi-Proteste der letzten Monate endlich zu beenden und eine Dynamik des Protests zurückzugewinnen, die den Bewohnern dieser Stadt eigene Handlungsoptionen eröffnen würde. Selten hatte in den letzten Jahren ein so breitgefächertes Spektrum von Gewerkschaften, Initiativen, Einzelpersonen und Kleingruppen zu gemeinsamen Protesten aufgerufen, wie zu der “Demonstration gegen das Kaputtsparen” am Nachmittag der ersten Stadtratssitzung, die sich mit dem Haushaltssicherungskonzept befasste und bei der dessen erster Teil mit CDUSPD-Mehrheit beschlossen wurde.
An der Kundgebung auf dem Rathausvorplatz beteiligten sich laut Presse etwa 400 Wuppertaler. Das ist nicht allzu viel. Und dennoch kein Grund für den Kämmerer, erleichtert aufzuatmen, wie in der WZ-Kommentierung gemutmasst wurde. Denn – so wichtig es auch gewesen wäre, dass sich deutlich mehr Menschen auf dem Vorplatz ihres Rathauses hätten blicken lassen, immerhin ging und geht es darum, zu zeigen, dass sie sich ihre Stadt nicht wegnehmen lassen – der Erfolg dessen, was an diesem Montag dort passierte, darf nicht nur an der Teilnehmerzahl festgemacht werden.
Auch, wenn diejenigen, deren Politik an jenem Montag Anlass des Protestes war, das bestimmt so versuchen werden. Das noch lose Bündnis, das sich auf den von ver.di angemeldeten Trauerzug als erste gemeinsame Ausgangsbasis verständigt hatte, darf nicht in die Falle tappen, seine Relevanz an seiner derzeitigen Mobilisierungsfähigkeit festzumachen. Und die Politiker, die von nicht mal 15% der Stadtbevölkerung ins Amt gewählt wurden, sollten dies schon gar nicht tun. Zu leicht fällt ihnen die Frage nach der eigenen Legitimation auf die Füsse.
Angesichts unterwürfiger lokaler Medien und von noch nicht vorhandenen starken eigenen Informationsstrukturen, fand die Mobilisierung zum Protest auf ziemlich unsicherem Grund statt. Das strategische Ziel der Aktionen war deshalb also nicht nur der im Rathaus tagende Stadtrat – auch wenn er natürlich der erste Adressat war. Das strategische Ziel war genauso ein an uns selbst gerichtetes: Es ging darum, die Verantwortlichkeit für die Situation der Stadt wieder in eine für uns erreichbare Politik-Ebene zu verlagern und zu zeigen, dass dagegen auch gemeinsam vorgegangen werden kann.
Das ist auch gelungen, auch wenn sich viele Teilnehmer des gewerkschaftlichen Kundgebung-Teils reichlich pünktlich zur Feierabendzeit wieder auf den Weg machten. Und deshalb die bemerkenswerte Strassentheaterperformance eines Basta-Ensembles auf der Treppe des Rathauses leider verpassten – sie hätten von der erzählten Geschichte zum erfolgreichen örtlichen Widerstand gegen den Kapp-Putsch im Jahre 1920 profitieren können. Es ist nämlich wenig wahrscheinlich, dass das Wissen darum noch Teil gewerkschaftlicher Bildung ist.
Der entschlossene und auch bewaffnete Widerstand tausender Elberfelder und Barmer gegen den Putsch vor genau 90 Jahren, durch den in den Tagen nach dem 13. März 1920 die Truppen der rechten Putschisten aus den hiesigen Städten vertrieben werden konnten, ist bis heute ein Beispiel dafür, was von einer Bevölkerung erreicht werden kann, wenn für sie das Ziel einer gemeinsamen Aktion erkennbar ist und die Entschlossenheit besteht, die eigenen Orte nicht einem übermächtigen Gegner zu überlassen. Wie aktuell die alten Kämpfe an der Ruhr und im Bergischen Land heute sind, machte die gespielte Szene auf
der Rathaustreppe auch durch die kluge Einbeziehung aktueller Konfliktthemen deutlich – eine grössere Zuhörerschaft wäre ihr daher zu wünschen gewesen.
Der anschliessende Versuch der übriggebliebenen Teilnehmer der Kundgebung an der Ratssitzung teilzunehmen, scheiterte, auch wenn Ordnungsamt und Polizei vom Wunsch “in unser Rathaus” zu gelangen zunächst kalt erwischt schienen. "Unser Rathaus“, ”unser Ordnungsamt“ oder ”unsere Hausordnung" – darauf schienen sie nicht ernsthaft vorbereitet. Ihre anfängliche Verblüffung zeigt nicht nur, welches Verständnis bei ihnen von einer lokalen Demokratie vorherrscht, es fordert geradezu dazu heraus, zukünftig häufiger Sitzungen des Stadtparlaments mit bunten Delegationen zu besuchen.
Dass das gemeinsame Betreten des Ratssaales dennoch nicht gelang, lag an einem im Vorfeld wenig koordinierten Vorgehen und auch an einer teilweise mangelnden Entschlossenheit. Die Vorfahren von 1920 lassen herzlich grüssen... Es zeigt erneut deutlich, dass der zügige Aufbau einer zuverlässigen eigenen Informations- und Koordinationsstruktur eine der wichtigsten Aufgaben ist, die sich einem Protestbündnis stellt.
Doch auch darüberhinaus liegt die Protestkultur in einem teils selbstverschuldeten Koma. Eine jahrelange Gehirnwäsche und die verlorengegangene Erfahrung, was gewonnen werden kann, wenn solidarisch agiert wird, haben viele mutlos werden lassen. In vielen Situationen entsteht so der Eindruck einer irgendwo verschütteten Wut und eines unterdrückten Zorns. Erstaunlich, wie in Diskussionen und Gesprächen zur Situation Wuppertals oftmals durch nur wenige entschlossene Argumente erreicht werden kann, dass sich zu Beginn eher zögerliche Äusserungen der Gesprächsteilnehmer zunehmend radikalisieren.
Die Bereitschaft vieler Wuppertaler, sich zu wehren, ist also da. Oft fehlt nur ein mutmachender Impuls und das Gefühl, mit dem eigenen Zorn nicht alleine zu sein. Die meisten, die nicht länger bereit sind, alles Vorgekaute mitzumachen, wissen nicht voneinander und trauen sich nicht aus der Deckung.
Auch die Umsetzung der Proteste fällt inzwischen schwer. Teils macht sich das Gefühl breit, in den Jahren klagloser Hinnahme neoliberaler Politik sei das Einmaleins des Protestes vergessen worden. Fast könnte man meinen, es sei notwendig, erstmal eine “Schule des Protestes” zu initiieren, damit sich ein Protest manifestieren kann, der auch als solcher wahrgenommen wird. Die 400 Leute auf dem Platz des Barmer Rathauses hätten sehr wohl die Ratssitzung stören können – durch ein einfaches gemeinsames Rufen. Dies wäre im Innern des Hauses durchaus wahrnehmbar gewesen, und hätte sicherlich mehr erreicht, als blosses Herumstehen und Zuhören, das die Protestkundgebung an jenem Montag leider prägte.
Doch dafür fehlte es an Parolen, deren notwendige Schlichtheit anscheinend nicht mehr in eine von Spassprotesten geprägte Landschaft passt, und es fehlten auch jene, die als erste ihre Stimme erheben. Die grosse Bereitschaft der Anwesenden, bei erstbesten Gelegenheiten rhythmisch zu klatschen und zu johlen, zeigt deutlich, dass sich viele danach sehnen, über gemeinschaftliches Rufen auch eine Selbstvergewisserung zu erzeugen und jenseits einer ironisierend distanzierten Form ihrer Wut und ihrem Zorn lautstark Ausdruck zu verleihen. Das hört sich vielleicht recht simpel an – richtig bleibt es dennoch.
Die fortlaufende Inszenierung des eigenen Todes, wie bei der Aktion der “freien Szene” vor dem Gespräch mit Bürgermeister Peter Jung, oder der eigenen Beerdigung, wie beim Trauerzug von ver.di, bleibt eben nicht nur hohl und erinnert an pubertär angedrohte Selbstmorde “wenn du nicht zurückkommst”, es trägt auch überhaupt nicht dazu bei, mutiger und gestärkt aus solchen Versammlungen herauszukommen. Diejenigen, die den Gewerkschaften dereinst Särge und auch die inhaltstötenden Trillerpfeifen als das allein vorherrschende Mittel des Protests angedient haben, müssten eigentlich zur Rechenschaft gezogen werden... Der ausserparlamentarische Protest muss sich in den nächsten Wochen formieren und lernen, effektiver gegen die Ruinierung urbaner Strukturen in der Stadt vorzugehen.
Wie wichtig er noch sein wird, lässt sich ermessen, wenn man betrachtet, wie sich die gewählten Parlamentarier der Stadt bei entscheidenden Abstimmungen verhalten. Und das nicht nur bei den Abstimmungen des Stadtrates, sondern auch bei den vielleicht noch wichtigeren Entscheidungen der übergeordneten Politikebenen. So, wie zuletzt geschehen bei einem Antrag der GRÜNEN im Bundestag, mit dem eine Aufstockung des Anteils der Unterkunftskosten für Hartz IV-Empänger gefordert wurde, die der Bund den Kommunen zuschiesst. Geschlossen stimmten die Wuppertaler Abgeordneten, Manfred Zöllmer von der SPD, sowie Peter Hintze und Jürgen Hardt von der CDU dagegen. Es sollte den Wuppertalern also klar sein, wem die Loyalität der von ihnen gewählten Abgeordneten wirklich gilt, und dass sie auf parlamentarischen Mechanismen nicht vertrauen können, wenn es um ihre Stadt geht.
Ein sich erst in den letzten Wochen formierendes Wuppertaler Protestbündnis, das im ausserparlamentarischen Raum etwas erreichen soll, muss für die Erlangung einer Protestesfähigkeit in vielerlei Beziehung also ziemlich weit Vorne beginnen: bei Art und Ort des Protestes, der Möglichkeit zur Vergewisserung mit dee eigenen Wut nicht alleine zu sein, der Überführung des Zorns in eine gut nachvollziehbare Analyse der Ursachen der kommunalen (und gesellschaftlichen) Krise und eben auch bei der Generierung von “Chants” und Parolen, die funktionieren.
Und wenn alle dafür ein bisschen spanisch lernen müssen... Auf geht’s – weitermachen. ¡El pueblo unido jamás será vencido!
Wenn eine Antwort dazu eher kurz ausfallen müsste, könnte sie lauten "Ja, schon, aber es traut sich nicht richtig“, oder auch ”Es versucht’s, hat aber verlernt, wie man das richtig macht."
Der Montag war eine gute Chance, die Alibi-Proteste der letzten Monate endlich zu beenden und eine Dynamik des Protests zurückzugewinnen, die den Bewohnern dieser Stadt eigene Handlungsoptionen eröffnen würde. Selten hatte in den letzten Jahren ein so breitgefächertes Spektrum von Gewerkschaften, Initiativen, Einzelpersonen und Kleingruppen zu gemeinsamen Protesten aufgerufen, wie zu der “Demonstration gegen das Kaputtsparen” am Nachmittag der ersten Stadtratssitzung, die sich mit dem Haushaltssicherungskonzept befasste und bei der dessen erster Teil mit CDUSPD-Mehrheit beschlossen wurde.
An der Kundgebung auf dem Rathausvorplatz beteiligten sich laut Presse etwa 400 Wuppertaler. Das ist nicht allzu viel. Und dennoch kein Grund für den Kämmerer, erleichtert aufzuatmen, wie in der WZ-Kommentierung gemutmasst wurde. Denn – so wichtig es auch gewesen wäre, dass sich deutlich mehr Menschen auf dem Vorplatz ihres Rathauses hätten blicken lassen, immerhin ging und geht es darum, zu zeigen, dass sie sich ihre Stadt nicht wegnehmen lassen – der Erfolg dessen, was an diesem Montag dort passierte, darf nicht nur an der Teilnehmerzahl festgemacht werden.
Auch, wenn diejenigen, deren Politik an jenem Montag Anlass des Protestes war, das bestimmt so versuchen werden. Das noch lose Bündnis, das sich auf den von ver.di angemeldeten Trauerzug als erste gemeinsame Ausgangsbasis verständigt hatte, darf nicht in die Falle tappen, seine Relevanz an seiner derzeitigen Mobilisierungsfähigkeit festzumachen. Und die Politiker, die von nicht mal 15% der Stadtbevölkerung ins Amt gewählt wurden, sollten dies schon gar nicht tun. Zu leicht fällt ihnen die Frage nach der eigenen Legitimation auf die Füsse.
Angesichts unterwürfiger lokaler Medien und von noch nicht vorhandenen starken eigenen Informationsstrukturen, fand die Mobilisierung zum Protest auf ziemlich unsicherem Grund statt. Das strategische Ziel der Aktionen war deshalb also nicht nur der im Rathaus tagende Stadtrat – auch wenn er natürlich der erste Adressat war. Das strategische Ziel war genauso ein an uns selbst gerichtetes: Es ging darum, die Verantwortlichkeit für die Situation der Stadt wieder in eine für uns erreichbare Politik-Ebene zu verlagern und zu zeigen, dass dagegen auch gemeinsam vorgegangen werden kann.
Das ist auch gelungen, auch wenn sich viele Teilnehmer des gewerkschaftlichen Kundgebung-Teils reichlich pünktlich zur Feierabendzeit wieder auf den Weg machten. Und deshalb die bemerkenswerte Strassentheaterperformance eines Basta-Ensembles auf der Treppe des Rathauses leider verpassten – sie hätten von der erzählten Geschichte zum erfolgreichen örtlichen Widerstand gegen den Kapp-Putsch im Jahre 1920 profitieren können. Es ist nämlich wenig wahrscheinlich, dass das Wissen darum noch Teil gewerkschaftlicher Bildung ist.
Der entschlossene und auch bewaffnete Widerstand tausender Elberfelder und Barmer gegen den Putsch vor genau 90 Jahren, durch den in den Tagen nach dem 13. März 1920 die Truppen der rechten Putschisten aus den hiesigen Städten vertrieben werden konnten, ist bis heute ein Beispiel dafür, was von einer Bevölkerung erreicht werden kann, wenn für sie das Ziel einer gemeinsamen Aktion erkennbar ist und die Entschlossenheit besteht, die eigenen Orte nicht einem übermächtigen Gegner zu überlassen. Wie aktuell die alten Kämpfe an der Ruhr und im Bergischen Land heute sind, machte die gespielte Szene auf
der Rathaustreppe auch durch die kluge Einbeziehung aktueller Konfliktthemen deutlich – eine grössere Zuhörerschaft wäre ihr daher zu wünschen gewesen.
Der anschliessende Versuch der übriggebliebenen Teilnehmer der Kundgebung an der Ratssitzung teilzunehmen, scheiterte, auch wenn Ordnungsamt und Polizei vom Wunsch “in unser Rathaus” zu gelangen zunächst kalt erwischt schienen. "Unser Rathaus“, ”unser Ordnungsamt“ oder ”unsere Hausordnung" – darauf schienen sie nicht ernsthaft vorbereitet. Ihre anfängliche Verblüffung zeigt nicht nur, welches Verständnis bei ihnen von einer lokalen Demokratie vorherrscht, es fordert geradezu dazu heraus, zukünftig häufiger Sitzungen des Stadtparlaments mit bunten Delegationen zu besuchen.
Dass das gemeinsame Betreten des Ratssaales dennoch nicht gelang, lag an einem im Vorfeld wenig koordinierten Vorgehen und auch an einer teilweise mangelnden Entschlossenheit. Die Vorfahren von 1920 lassen herzlich grüssen... Es zeigt erneut deutlich, dass der zügige Aufbau einer zuverlässigen eigenen Informations- und Koordinationsstruktur eine der wichtigsten Aufgaben ist, die sich einem Protestbündnis stellt.
Doch auch darüberhinaus liegt die Protestkultur in einem teils selbstverschuldeten Koma. Eine jahrelange Gehirnwäsche und die verlorengegangene Erfahrung, was gewonnen werden kann, wenn solidarisch agiert wird, haben viele mutlos werden lassen. In vielen Situationen entsteht so der Eindruck einer irgendwo verschütteten Wut und eines unterdrückten Zorns. Erstaunlich, wie in Diskussionen und Gesprächen zur Situation Wuppertals oftmals durch nur wenige entschlossene Argumente erreicht werden kann, dass sich zu Beginn eher zögerliche Äusserungen der Gesprächsteilnehmer zunehmend radikalisieren.
Die Bereitschaft vieler Wuppertaler, sich zu wehren, ist also da. Oft fehlt nur ein mutmachender Impuls und das Gefühl, mit dem eigenen Zorn nicht alleine zu sein. Die meisten, die nicht länger bereit sind, alles Vorgekaute mitzumachen, wissen nicht voneinander und trauen sich nicht aus der Deckung.
Auch die Umsetzung der Proteste fällt inzwischen schwer. Teils macht sich das Gefühl breit, in den Jahren klagloser Hinnahme neoliberaler Politik sei das Einmaleins des Protestes vergessen worden. Fast könnte man meinen, es sei notwendig, erstmal eine “Schule des Protestes” zu initiieren, damit sich ein Protest manifestieren kann, der auch als solcher wahrgenommen wird. Die 400 Leute auf dem Platz des Barmer Rathauses hätten sehr wohl die Ratssitzung stören können – durch ein einfaches gemeinsames Rufen. Dies wäre im Innern des Hauses durchaus wahrnehmbar gewesen, und hätte sicherlich mehr erreicht, als blosses Herumstehen und Zuhören, das die Protestkundgebung an jenem Montag leider prägte.
Doch dafür fehlte es an Parolen, deren notwendige Schlichtheit anscheinend nicht mehr in eine von Spassprotesten geprägte Landschaft passt, und es fehlten auch jene, die als erste ihre Stimme erheben. Die grosse Bereitschaft der Anwesenden, bei erstbesten Gelegenheiten rhythmisch zu klatschen und zu johlen, zeigt deutlich, dass sich viele danach sehnen, über gemeinschaftliches Rufen auch eine Selbstvergewisserung zu erzeugen und jenseits einer ironisierend distanzierten Form ihrer Wut und ihrem Zorn lautstark Ausdruck zu verleihen. Das hört sich vielleicht recht simpel an – richtig bleibt es dennoch.
Die fortlaufende Inszenierung des eigenen Todes, wie bei der Aktion der “freien Szene” vor dem Gespräch mit Bürgermeister Peter Jung, oder der eigenen Beerdigung, wie beim Trauerzug von ver.di, bleibt eben nicht nur hohl und erinnert an pubertär angedrohte Selbstmorde “wenn du nicht zurückkommst”, es trägt auch überhaupt nicht dazu bei, mutiger und gestärkt aus solchen Versammlungen herauszukommen. Diejenigen, die den Gewerkschaften dereinst Särge und auch die inhaltstötenden Trillerpfeifen als das allein vorherrschende Mittel des Protests angedient haben, müssten eigentlich zur Rechenschaft gezogen werden... Der ausserparlamentarische Protest muss sich in den nächsten Wochen formieren und lernen, effektiver gegen die Ruinierung urbaner Strukturen in der Stadt vorzugehen.
Wie wichtig er noch sein wird, lässt sich ermessen, wenn man betrachtet, wie sich die gewählten Parlamentarier der Stadt bei entscheidenden Abstimmungen verhalten. Und das nicht nur bei den Abstimmungen des Stadtrates, sondern auch bei den vielleicht noch wichtigeren Entscheidungen der übergeordneten Politikebenen. So, wie zuletzt geschehen bei einem Antrag der GRÜNEN im Bundestag, mit dem eine Aufstockung des Anteils der Unterkunftskosten für Hartz IV-Empänger gefordert wurde, die der Bund den Kommunen zuschiesst. Geschlossen stimmten die Wuppertaler Abgeordneten, Manfred Zöllmer von der SPD, sowie Peter Hintze und Jürgen Hardt von der CDU dagegen. Es sollte den Wuppertalern also klar sein, wem die Loyalität der von ihnen gewählten Abgeordneten wirklich gilt, und dass sie auf parlamentarischen Mechanismen nicht vertrauen können, wenn es um ihre Stadt geht.
Ein sich erst in den letzten Wochen formierendes Wuppertaler Protestbündnis, das im ausserparlamentarischen Raum etwas erreichen soll, muss für die Erlangung einer Protestesfähigkeit in vielerlei Beziehung also ziemlich weit Vorne beginnen: bei Art und Ort des Protestes, der Möglichkeit zur Vergewisserung mit dee eigenen Wut nicht alleine zu sein, der Überführung des Zorns in eine gut nachvollziehbare Analyse der Ursachen der kommunalen (und gesellschaftlichen) Krise und eben auch bei der Generierung von “Chants” und Parolen, die funktionieren.
Und wenn alle dafür ein bisschen spanisch lernen müssen... Auf geht’s – weitermachen. ¡El pueblo unido jamás será vencido!
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